#27 Lenja Lange

w37. Die Garten- und Landschaftsgärtnerin ward geboren und erzogen in Oberhausen und dann immer dort geblieben. Hauptsächlich, weil sie nicht wegkonnte. Sie hatte immer jemand, um den sie sich kümmern musste. Und sie hat sich dann gekümmert. Sie arbeitete in einem Betrieb in gemeinnütziger Trägerschaft für drei Jahre, viel mit Jugendlichen, und fand das gut, nicht nur für sich, doch auch für die. Sie studierte später Sozialpädagogik in Essen. Nach dem Abschluss fing sie bei der Diakonie an, vollschichtig zunächst, im Laufe der nächsten fünf oder sieben Jahre, oder so, immer weiter reduziert, zuletzt nur noch fünf Wochenstunden. Erkrankungsbedingt war sie sehr leicht erschöpfbar,  was ihr etwas peinlich war. Sie lebt seit vielen Jahren in einer verpartnerten Beziehung in einer gemeinsamen Wohnung. Sie hat keine Kinder und sie beschreibt sich nicht durch deren Abwesenheit. Letztes Jahr aber hatte sie beim Pfarrkaffee zu einer Frau mit Babytrage und Menschenkind darin gesagt, dass sie der Anblick traurig macht. Sie sollte weggehen. Es sei zu spät. Sie war danach noch zum Pastor gebeten, wegen Aggressivität.

Horch, was kommt von draußen rein?

Kommst von Straße.
Fragst, was ich getan.
Habe keine Antwort, nie.

Sitze hier nur still.
Sehe, wie du Auge heizt.
Kommst du auf die Stunden?

Welt und Zeit vergeben
ist nicht dein Ding,
noch meins.

Ich steh‘
in Scham
am Rindermarkt.

Du nimmst der Menschen Wort wahr:
das Wort, die Tat, die in die Welt drang.
Dein vantaschwarz-lichtloser Algorithmus

der Welt des Fleisches schneidet jeden Leides Pfund
mit dicker Rippe aus dem Herz und richtet Braten.
Die Menschen treten banal fehl.

Nimmer entzieht sich dir die Seele.
Du bist niemals beim Lebenden.
Dem nächsten Toten bist du nah, 

gräbst nach der root cause seines Sterbens.
Aus dir wird Rache wie der Lüste Gluckser
in vieler schlimmer Orte wildem Wirken.

Menschen gehen normal fehl, Fluchttiere halt,
weil sie sich in die Erde graben,
irgendetwas richten sollen,

oder sich erfinden wollen,
bedecken nackte Leiber unter Kalk und Gold. 
Ihr Rappeln ist doch nur Geschehen.

Nichts Weiteres wird dir noch werden,
gar nichts der Gluckser dir entgehen.
Du hast doch alles schon gesehen.

Ne me quitte pas. Ich werde dich erzählen.
Sie sterben alle sowieso, Nemesis, wie du.
Du lauschst und richtest, doch du stirbst.

Der Ort des Geschehens als what3words Adresse:

beugbar.monate.erklären

„Ne me quitte pas“ ist ein Chanson von Jacques Brel

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