#40 Emilie Meier

w57. Die alleinerziehende, quereingestiegene Realschullehrerin aus Essen-Haarzopf hatte die Höhere Handelsschule besucht, Abschluss mit der Mittleren Reife, Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten gemacht und danach in der Ausbildungskanzlei gearbeitet. Dort wurde sie schwanger, gebar die Tochter, klärte das und kümmerte sich um das Kind. Später ging das Leben ihr verloren. Sie hat es nun vergessen. Der Sprachzerfall ist fortgeschritten, die Orientierung schwach. Sie ist längst ausgesteuert, doch das Beschäftigungsverhältnis beim Land besteht noch fort. Sie besucht in Köln, wo sie nie war, den Sohn, den sie nie hatte an Karneval. Sie strandet durch die Stadt und trinkt sich durch Reste in Plastikbechern auf Stromumwandlungs-, Telephonenkästen, Glas und Plastik, Häuserstufen, Rinnsteinen und viele leere Flaschen. Sie steht und schwankt am Alcázar, hält sich am Rankengitter fest. Sie bleibt still stehen, steht. Der gitanerote Nagellack ist etwas abgeplatzt, die Kleidung aber schick, untadelig. Eine tanzende Frau mit verfilzten Haaren und Tatoos auf Händen spendiert ihr Bier, besingt herumstehende Ziegen, die nicht da sind, und walzt weiter. Die Lehrerin erhebt das Glas, schaut seligtrunken hoch und kippt es.

Mama Danu

Von null bis π
malt sie dir Bilder.
Sie kann das Dunkle
aus dem Tag dir atmen
und das Licht,
Sie kann alles nehmen,
einfach nur mit TstsTsts
Sie stolpert nie.
Kein Ort wär‘,
wo je sie fiele.
Sie blickt auf Füße nicht
und atmet weit die Welt. 
Ihr schwellen
Flüsse, Bäche, Meer,
der Amazonas
und das Marie-Byrd-Land.
Versuch es selbst.
Sie schneidet dir 
des nachts die Kehle. 
Aus Liebe: Freiheit.
Aus Tod wird Leben, und 
sie stolpert nie.

Der Ort des Geschehens als what3words Adresse:

aktiviert.neujahr.zutreffen

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