#56 Dietrich Fürst

61m. Der Kaufmann kam aus Növshir in Türkei nach Verona in Italien. Im Maßdreiteiler steht er auf rahmengenähten Pferdelederschuhen. Jemand hatte ihm eine Eintrittskarte für die Oper in der Arena geschenkt. Er weiß nicht wer und weiß auch überhaupt nicht mehr, was ihn trieb, sie anzunehmen, bei alle dem Compliance-Zeug. Er kennt die Stadt sehr gut und hat sich doch verlaufen. Nun steht er mit dem Ticket da: La Traviata. Platanenblätter eilen trocken kratzend auf spitzen Rattenfüßen über Kopfsteinpflaster. Er hört ein Hammerschlagen, Stahl auf Stahl mit voller Kraft und etwas dumpf, dann widerprallend Stahl den Amboss heller federnd fordernd, dann wieder wie zuvor: etwas dazwischen, weicher, formender, und alles wiederholt. Es hört nicht auf. Es walzert, und er beginnt zu grooven. Alle Katas tanzt er durch, dem Dunkel in die Gasse.

Ubi caritas and armour
oder: Sehet Pfarrer Yoricks Mähre kommen

Nicht der Welt noch seiner Kirche Wirken
wird dem Pfarrer Pferd je kaufen.
Nie im Leben irgendwann.
Der Pfarrer kauft das Pferd vom eignen Geld
und wird sein bestes
Pferd den Menschen opfern.

Pfarrers Pferd läuft immer wieder:
wegen Schwangerschaft und auch Geburten,
wegen Magendarm und Rücken,
wegen leben und auch sterben.
Stolz rennt das Pferd, ins schäumende getrieben,
es stolpert, bricht nicht, steht dann auf.

Im Sommer kommen die Kaninchen,
der Ratten Wanzen bringt der Herbst,
und der Pfarrer kann nicht mehr:
Er hat kein Geld für frisches Pferd.
Der Pfarrer kann nur nähren
das alte, letzte, dürre Pferd.

Der Pfarrer liebt das dürre Pferd.
Es stirbt im laufen. Und er wird preisgegeben.
Er würde freudig schirrend helfen.
Das dürre Pferd bleibt tot.
So bleibt dem Dienenden kein Pferd
in seiner Dienstgemeinschaft.

ACH, er BRACH so dumm das Knie
und er wußte nicht mehr WIE
WELT und HERR ihm wären TÄTEN
NIEMAND seiner LEUTEmeute
half ihm als er PLEITE ging und TOT,
auch nicht das geweihte RAUCHgeschwader.

Der Ort des Geschehens als what3words Adresse:

arbeitsrecht.ewig.haftet

Lawrence Sterne (1713 – 1768):
„Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman“
Von Yoricks Pferd handelt Buch I, Kapitel X

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