#42 Marie Kalb-Barthelby

w67. „Kalb-Barthelby, die alte Frau, macht sich jetzt rattig?“ schreibt die ledige Kunsthistorikerin und Reisekauffrau aus Bad Sooden-Allendorf in lang vergessener, verbundener Handschrift, weil der PC schon lange nicht mehr tut, und sie es eigentlich lieber nicht möchte: an ihre sechsundneunzig Jahre alte Mutter auf dem alten Briefpapier zu schreiben. Ihr waren tausend Blatt davon zur Promotion geschenkt. Sie hat seit vierzig Jahren eine ganze Kiste voll. Der Versandkarton war im Lauf der Zeit marod gegangen und durch die Lücken setzte tief und satt der Goldschnitt von dem Nikotin sich ab. Sie war promoviert worden über die „Ikonographie prothetischer Beine in der Plastik der Renaissance unter besonderer Berücksichtigung der Verbindung von Marmorteilen mit Bleiguss am Beispiel von Vito Corleone (1491–1555) im Florenz des sechzehnten Jahrhunderts“. („Iconografia delle protesi di gambe nella scultura rinascimentale, con particolare riferimento alla combinazione di parti in marmo e piombo fuso, utilizzando l’esempio di Vito Corleone (1491-1555) nella Firenze del Cinquecento.“. Imprimeria Generale della Università, Firenze, 1981). Der Vater lange tot, die Mutter sofort stolz. Deshalb der tausend Blätter Briefpapier. Geprägt und Kupfertiefdruck. Die beste Druckerei am Platze. Alles lange her. Dazwischen: My Oh My. Sie hat jetzt ein Paket mit Mutters Briefen in der Hand, die Spanne voll. Die paar sind ihr geblieben. So viele hatte sie verbrannt. Damals ging das Gelaber ihr nur auf den Keks. Sie steckt den Konvolsystemat in Listen und Vergessen. Sie prustet durchgekaute Tomaten mit Karotten rot und gelb über Hände auf Papierservietten, Tischdecken und an die Wände des Palazzo.

Der Ort des Geschehens als what3words Adresse:

harfe.kalb.braten