Clochard (1981)

Clochard (1981) – Mischtechnik auf Holz
Clochard (1981) Detail oben
Clochard (1981) Detail unten

Der Bildträger ist ein Stück aus einer Wandtäfelung des „Clochard“ in Göttingen. Ich hatte das Fragment aus den Trümmern geborgen. Das „Clochard“ war eine Diskothek in einem älteren Gebäude auf der Ecke Ritterplan / Jüdenstrasse und wurde 1981 nach langen und heftigen Auseinandersetzungen abgerissen.

K. P. Wittemann zeigt auf seiner Website eine Dokumentation des Abrisses neben vielen anderen Beispielen sozialer, ökonomischer und architektonischer Wandlungen im Stadtbild. Ihm verdanke ich den Hinweis auf das folgende Zitat:

Bereits 1823 bestand hier gegenüber der Posthalterei eine florierende Wirtschaft, der „Englische Hof”, später nach dem Krieg mit England in „Reichshof” und „Göttinger Festsäle” umbenannt. Viele ältere Göttinger erinnern sich noch gern an die Bälle, Feste, Jubiläen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Gebäudekomplex von der Prager Schule genutzt. Im Parterre aber war das Nachtlokal» „Atlantik” untergebracht. Zusammen mit dem an der Jacobikirche gelegenen Tanzcafe „Kupferkanne” war es Anziehungspunkt für Nachtschwärmer, auch für Prominente aus der Filmbranche in den Zeiten als Göttingen noch Filmstadt war. Nachdem das Gebäude auch durch die Nutzung als Diskothek „Clochard” ziemlich heruntergekommen war, standen Neugestaltung oder Abriß zur Debatte. Anfang der 1980er Jahre mußte dann das „Atlantik” fallen. Erst beim Abriß des gesamten Komplexes, als Jugendstikacheln, Stuck und andere architektonische Details hinter Schnellbauwänden wieder auftauchten, wurde der Verlust offenbar. Mit dem „Atlantik” fielen auch einige Wohnhäuser an der Jüdenstraße der Abrißbirne zum Opfer, um Platz zu machen für den geplanten lukrativen Geschäfts- und Appartementkomplex, der sich auch rücklings von einem Durchgang zwischen Burgstraße und Jüdenstraße betrachten läßt. Vor dessen Bau erlebte Göttingens Innenstadt hier ihren letzten großen Häuserkampf von Dezember 1980 bis Februar 1981 mit Hausbesetzungen in der Jüdenstraße Nr. 35 und der ehemaligen Prager Schule.

C. Gottschalk (Hrsg.) Göttingen zu Fuß – 13 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart, Hamburg, 1992, VSA, S. 21f

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